SEET VAN HOUT’S RESIDENZPROJEKT AM DONDERS INSTITUTE FOR BRAIN, COGNITION AND BEHAVIOUR

SEET VAN HOUT’S RESIDENZPROJEKT AM DONDERS INSTITUTE FOR BRAIN, COGNITION AND BEHAVIOUR

Der erweiterte Kunst- und Wissenschaftsbegriff von Joseph Beuys lässt Kunst und Wissenschaft ein gemeinsames Arbeitsfeld erproben. Lange bevor Naturwissenschaftler wie z. B. der britische Biologe Rupert Sheldrake einen holistischen Ansatz in der Wissenschaft untersucht, spricht Beuys bereits von der Wiederkehr einer „lebendigen und beseelten Natur“. Diese „Wiedergeburt in der Natur“ (R. Sheldrake, 1990) als auch im Geist wird im systematischen Denken als „Muster, das verbindet“, gesehen (Gregory Bateson, Geist und Natur; Eine notwendige Einheit, 1982).

Wegweisend auf diesem Gebiet ist das Donders Institute for Brain, Cognition and Behaviour an der Radboud University in Nijmegen/Niederlande, das sich mit Hirnaktivitäten und neuronaler Kommunikation auseinandersetzt. Das vor allem im Bereich Gehirnforschung weltbekannte Forschungszentrum beschäftigt mehr als 600 Mitarbeiter und ließ sich nun erstmalig auf ein experimentelles Projekt mit der holländischen Künstlerin Seet van Hout ein.

Van Houts künstlerischer Schwerpunkt ist vor allem der Erinnerung gewidmet. Erinnerungen nachzuspüren, bedeutet für sie einen komplexen, weitreichenden und spannenden Prozess zu verfolgen. Obwohl Erinnerungen der Vergänglichkeit ausgesetzt sind, können sie in späteren Zusammenhängen zu neuem Leben erweckt werden. Seit mehr als 20 Jahren beschäftigt sich Seet van Hout in ihrer Kunst mit den Themen Gedächtnis und Gehirnfunktionen, was sie in ihren stark farbigen Arbeiten, zum Teil mit Fäden und Zwirnen, die sie auf ihre Leinwände aufnäht, ausdrückt. Verschiedene Strukturen weisen dabei auf ein neuronales Netz hin und sind einem Nervensystem ähnlich. Inspirieren lässt sich van Hout dabei neben aktuellen Forschungen von anschaulichem Material, wie mittelalterlichen Handschriften, Bibelillustrationen, Anatomiedarstellungen und botanischen Werken. Ihre darauf basierenden Werke sind im Sinne eines künstlerischen Gedächtnisses zu verstehen und spiegeln das komplexe Thema beispielhaft wider.

Eigens für die Holländerin wurde im Donders Institute ein Atelier eingerichtet, wo Seet van Hout täglich in direktem Dialog mit den Wissenschaftlern stand. Ihr Atelier war dabei für jeden Mitarbeiter zugänglich. Gleichermaßen nahm die Künstlerin an vielen Vorträgen teil. Viele Gehirnforscher gewährten van Hout Einblick in ihre neuesten Forschungen über das Gedächtnis. Impulse sowie Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen wurden fortwährend kommuniziert und ermöglichten so einen direkten Austausch. Besonders wegweisend für die Künstlerin waren die beiden Forscher Christian Doeller und Boris Nikolai Konrad. Doeller ist der Hauptinitiator des Donders Institutes. Seine bekannte Forschungsreihe „Memory and Space“ erhielt weltweit große Anerkennung. Der Neurowissenschaftler Boris Nikolai Konrad beeindruckt als Gedächtnissportler. Er ist mehrmals ausgezeichneter Sieger und Weltrekordhalter in verschiedenen Gedächtnisdisziplinen z.B. ‚Namen und Worte merken’.

Im Institut gab es für die Künstlerin keinen festen Tagesablauf. Besonders wichtig war ihr, dass „jeder Tag anders sei“. Oft verwandelte sie das Atelier in eine Nähstube und zeigte auf, dass Erkenntnisse mit der Nähmaschine visualisiert werden können; zumal sie festgenäht, also im Gewebe festgehalten werden müssen. Einmal gestaltete sie ein Dunkelzimmer, um ihren „Nachtschattenraum“ zu präsentieren. Ihre Bilder, alles schwarze Leinwände, die mit leuchtend roten Fäden bestickt waren, mussten dabei angestrahlt werden. Das rote Garn reflektierte einerseits botanische Abbildungen von Blüten und andererseits Illustrationen von Gehirnquerschnitten.

Das einmalige Experiment zwischen Seet van Hout und dem Donders Institute for Brain, Cognition and Behaviour wurde vom GBK, dem Gelderse Beeldend Kunstenaars (Niederländische Vereinigung für Künstler) initiiert. Seet Van Hout wünscht sich, dass sie in Zukunft öfter mit Wissenschaftlern und Instituten zusammenarbeiten kann. Der wissenschaftliche Transfer hat sie sehr inspiriert. Jedoch geht es van Hout um mehr, als nur das bloße Weiterführen ihrer Kunst. Ihr Experiment soll zum Vorreiter für weitere Projekte werden, um Kunst anderen Interessensgruppen näher zu bringen. Der interdisziplinäre Dialog zwischen Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft soll das Gebiet der Kunst – und vor allem die Begeisterung und Anerkennung der Bevölkerung ihr gegenüber – festigen.

Mehr Infos über die Künstlerin
www.seetvanhout.com