Stones off shoulders, 2013
Jovana Popic – TAKE A PLACE
22.01.2014 – 21.02.2014
I think that ideas exist outside of ourselves. I think somewhere, we’re all connected off in some very abstract land. David Lynch
Um Fragen der Spurensuche, der Manifestation von Identität kreisen die Arbeiten der jungen Multimediakünstlerin Jovana Popic. Spuren des Ortes, der Erinnerung, der Ideen, der Zeit – Spuren einer Lebensgeschichte, die von Menschen, der Kultur geprägt sind, die sich für einen Moment oder eine gewisse Zeit verdichten.
Die mehrfach ausgezeichnete serbisch-kroatische Künstlerin macht Energien eines Ortes sichtbar. Sie bezeichnet ihre Arbeiten als Heterotopien, die nach Michel Foucault „wirkliche Orte, wirksame Orte, die in die Einrichtung der Gesellschaft hinein gezeichnet sind, sozusagen Gegenplatzierungen oder tatsächlich realisierte Utopien sind… gewissermaßen Orte außerhalb aller Orte, gleichwohl sie tatsächlich geortet werden können“.
Überaus beeindruckend an den Installationen von Popic ist das kontroverse Spiel von materialem Raum und flüchtig wirkenden Arbeiten. Sie umfassen Zeichnungen, Reliefs, Objekte aus zum Teil phosphoreszierenden Polyester, Skulpturen, Videos und Soundinstallationen. 2012 übersetzte sie ihr künstlerisches Wirken in eine Performative Installation für 6 Stimmen für das Choregie Festival in Maribor. In der opernartigen Inszenierung spiegelt sie einen Erfahrungsraum mittels der Identitätsstiftung durch Musik, Film und Theater wider, anhand von Interpretationen durch Vertreter zweier aufeinander folgenden Generationen.
In der Ausstellung geht sie den Fragen nach: Können wir uns mit bestimmten Orten assoziieren? Ist die Ortsverbundenheit noch eine wichtige Quelle der individuellen und kulturellen Identität? Kann ein bestimmter Ort ein Ausgangspunkt sein, von dem aus wir uns zur Welt orientieren? Oder sind wir universale zeitgenössische Nomaden, die ihr Leben durch Bewegung definieren, zwischen den Orten existieren, wobei die Erfahrung von der Bewegung wichtiger ist als der Ort selbst? Orte, die nicht sozial oder historisch verortet bzw. nicht kulturell identitätsbildend sind, wie Flughäfen, Kreuzungen und Supermärkte, werden Transitorte genannt. Sie stellen sogenannte „Nicht-Orte“ dar und sind die gegenwärtigen Faktoren, die unsere Existenz prägen.
In ihrer Arbeit mit dem Titel „Take a Place“ lädt uns Jovana Popic ein, unsere persönliche Navigation in der Welt zu überdenken. Sie hinterfragt, ob einerseits Orte immer noch wie wichtige und tiefgreifende Zentren menschlicher Erfahrung sind und andererseits, ob auch die bewusste Erfahrung der Bewegung zwischen den Orten ebenso tief mit dem Leben an sich verbunden ist.
Ihre Rauminstallation, genannt Heterotopia, besteht aus Gipsreliefs, Markierungen und Sound. Dabei setzt sie einem Ort einen Nicht-Ort entgegen. Dies macht die Spannung zwischen dem universellen Gedanken und der Territorialität sichtbar, was als ein Manifest gelesen werden kann.
Für die künstlerische Bestimmung der Identität durch konkret erfahrbare Spuren nimmt Jovana Methoden der Archäologie, Ethnologie oder Soziologie in ihre Kunst mit auf. Sie verweist auf existenzielle Fragen des Menschseins, auf Vergänglichkeit und Phänomene der Sozialisierung. Subjektive wie assoziative Zugänge ihrer Installationen dienen ihrer Umwelterforschung, in der der Rezipient in ihre Arbeit mit eingebunden wird, denn „erst durch die Rekonstruktion eines Sinnzusammenhangs, auf den die Spuren verweisen, konstituiert sich das eigentliche Kunstwerk.“ (Christian Boltanski)
Jovana Popic (*1977 CRO/RS) erhielt das Stipendium des Vereinigten Norwegischen Königreichs und studierte danach mit dem Serbischen Staatlichen Stipendium für Wissenschaft- und Kunsttalente von 1999 bis 2003 an der Fakultät der Bildenden Künste in Belgrad. 2006 nahm sie das Begabtenstipendium der Friedrich Naumann Stiftung entgegen. Schon während ihres Studiums war sie 2003 bei der 50. Biennale in Venedig vertreten. 2008 erhielt sie der Preis der Ulrich und Burga Knispel Stiftung. Nach einem weiterführenden Studium an der Universität der Künste in Berlin in der Klasse von Rebecca Horn schloss sie 2009 als Meisterschülerin ihr Studium ab und wurde mit dem Meisterschülerpreis des Präsidenten der Universität der Künste ausgezeichnet. Ebenfalls im Jahr 2009 ging sie mit dem Stipendium des Goethe Instituts nach Nowosibirsk, dem ein Arbeitsstipendium („Medea Electronique-Mixmedia Lab Residencies“) in Athen und Sellasia in Griechenland folgte. Von 2010 bis 2012 erhielt sie das Stipendium der Karl-Hofer Gesellschaft e.V., Berlin.
Ausstellungseinladungen führten die Multimedia-Künstlerin Jovana Popic bereits durch Deutschland, Österreich, Schweiz, Japan, Russland, Serbien, Kroatien und die USA.
Mit freundlicher Unterstützung von Gigant Print Works.
Künstlerinformation
www.jovanapopic.com